Abu Dhabis Vorhaben, bis 2027 die weltweit erste „KI-native“ Regierung zu werden, unterstützt durch ein Budget von 13 Milliarden Dirham, soll Tausende Arbeitsplätze schaffen und den öffentlichen Dienst mithilfe von fortschrittlichen Datenanalysen revolutionieren. Experten diskutieren die Chancen und Herausforderungen dieser weitreichenden Vision.
Abu Dhabi hat ein ambitioniertes Vorhaben angekündigt, das den öffentlichen Sektor durch konsequenten Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) grundlegend verändern soll. Mit einem Budget von 13 Milliarden Dirham plant das Emirat, bis 2027 zur weltweit ersten „KI-nativen Regierung“ zu avancieren und bis zu 5.000 neue Arbeitsplätze für Emiratis zu schaffen – insbesondere in Bereichen wie Machine Learning, Data Science und Robotik. Experten gehen davon aus, dass diese Maßnahme sowohl die Effizienz staatlicher Dienstleistungen – von Cybersicherheit über Katastrophenvorsorge bis hin zum Gesundheitswesen – steigert als auch weltweit neue Maßstäbe setzt.
Der Projektleiter Shiva Pillai, tätig in einem Abu Dhabier Hightech-Unternehmen, bezeichnet das Vorhaben als möglichen „Game Changer“ für Verwaltungsabläufe. Er erwartet Verbesserungen in Entscheidungsprozessen, beschleunigte Beschaffungsschritte und einen Anstieg der Lebensqualität für die Bevölkerung. „KI ermöglicht genauere Prognosen in Bereichen wie Gesundheitswesen oder Polizeiarbeit“, erklärt Pillai. Er warnt jedoch vor Schwierigkeiten, wenn Daten nicht einheitlich erfasst sind, da dies zu einer ungleichen Verteilung der Vorteile führen könnte.
Als zentrales Ergebnis dieser Initiative gilt die Entstehung neuer Arbeitsfelder in der Verwaltung – von KI-Politikberatern und Compliance-Officers bis hin zu Datenwissenschaftlern. Pillai rät einheimischen Fachkräften, sich auf genau diese Qualifikationen zu spezialisieren. Sami Abd Alnour, Technologieexperte, prognostiziert zudem eine erhöhte Nachfrage nach Fachkräften im Bereich KI-Governance und Qualitätsmanagement. Das passe zum erklärten Ziel der VAE, KI verantwortungsvoll einzusetzen und so ihre Führungsrolle in der Technologiebranche auszubauen.
Auch Sultan Al Hajji, Vizepräsident für Public Affairs und Alumnimanagement an der Mohamed bin Zayed University of Artificial Intelligence (MBZUAI), sieht große Chancen. „Wir werden verstärkt Positionen an der Schnittstelle zwischen KI und Robotik sehen, ebenso wie im Bereich Ethik und Regulierung von KI-Systemen“, sagt er. MBZUAI biete hierfür gezielte Master- und Doktorprogramme und führe Bildungsinitiativen für Führungskräfte durch, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden.
Um eine durchgängige KI-Verwaltung zu etablieren, braucht es laut Abd Alnour hochmoderne Datenzentren und eine souveräne Cloud-Infrastruktur. Damit sollen Datensicherheit und Flexibilität gewährleistet werden, während eine zentrale Verwaltungsplattform Behörden miteinander vernetzt. Automatisierte Prozesse sollen unnötige Bürokratie reduzieren und den Bürgern KI-gestützte E-Services anbieten, die Anfragen schneller beantworten und Transparenz erhöhen.
Was den Schutz persönlicher Daten anbelangt, erfordert der KI-Einsatz strikte Sicherheitsmaßnahmen. „Mit KI-gestützten Monitoringsystemen kann man Bedrohungen frühzeitig erkennen und abwehren. Gleichzeitig werden Serviceleistungen effizienter bereitgestellt, etwa in Form von automatisierten Statusmeldungen oder vereinfachten Genehmigungsprozessen“, so Abd Alnour.
Trotz aller technologischen Sprünge ist ein Mentalitätswandel in der Gesellschaft vonnöten. Pillai vergleicht dies mit Selbstbedienungsterminals bei Banken oder Telekommunikationsanbietern, die viele Menschen eher zögerlich nutzen. So wird es wohl auch Zeit brauchen, bis KI-basierte Behördendienste flächendeckend akzeptiert sind. Gelingt jedoch die Umstellung, könnten Vorteile wie kürzere Wartezeiten und unkomplizierte Abläufe langfristig für ein Umdenken sorgen.
Zudem sei die Datenqualität ein kritischer Faktor. Uneinheitliche Namensschreibungen oder falsche Geschlechtseinträge könnten Automatisierungsprozesse stören. Daher braucht es laut Pillai eine flächendeckende Bereinigung und Standardisierung der Datensätze, damit alle Bürger gleichermaßen von KI-Prognosen und -Diensten profitieren.
Als weiterer Effekt dürfte die Wirtschaft profitieren: Neben den direkten Arbeitsplätzen für KI-Fachkräfte und IT-Sicherheit entstehen Chancen für lokale Anbieter von Cloud-Diensten und Analyse-Software. Start-ups im KI-Umfeld können durch Pilotprogramme der Regierung gefördert werden und so zum Wirtschaftswachstum beitragen. Mit dem Bestreben, die Ölabhängigkeit zu verringern, fügt sich diese KI-Initiative nahtlos in die Diversifizierungsstrategie des Emirats ein.
Abu Dhabis Schritt in Richtung einer KI-nativen Regierung könnte den Grundstein legen für eine neue Ära im öffentlichen Sektor – weltweit. Die erfolgreiche Umsetzung hängt jedoch von klaren Datenschutzstandards, einer umfassenden Akzeptanz in der Bevölkerung und der Aufbauphase für die nötige Infrastruktur ab. Sollten diese Herausforderungen gemeistert werden, könnte das Emirat ein globales Vorbild werden: für effizientere, digitalisierte Verwaltung und eine Wirtschaft, die auf Zukunftstechnologien setzt und neue Arbeitsmärkte erschließt.